KONTEXT:Wochenzeitung
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Leute, entspannt euch

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Wenn ein Kabarettist geehrt wird, kann eine Festrede flugs zur Stand-up-Comedy werden. So geschehen im Berliner Max Liebermann Haus, bei der Preisverleihung der Helga und Edzard Reuter Stiftung. "Ich hab' gedacht, mein Agent verarscht mich", sagt Abdelkarim, rollende Augen, Lederjacke, "aber dann hab' ich euch gegoogelt – es gibt euch wirklich."

Tatsächlich gibt es die Stiftung seit mehr als 20 Jahren. Und genauso lange vergibt sie jährlich zwei Preise für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Integrationsförderung. In diesem Jahr an Abdelkarim, alias "Staatsfreund Nr. 1", den Bielefelder Comedian mit marokkanischen Wurzeln. Und an Richard Arnold, Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, den Europäer mit schwäbischen Wurzeln und gewieften Flüchtlingshelfer vor Ort.

In Zeiten, in denen Populisten versuchen, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben, ist dieser Preis wichtiger denn je, als Anerkennung für engagierte Flüchtlingsarbeit und für entlarvendes Spiel mit Vorurteilen. Daran erinnert Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz in ihrer Festansprache und fordert: "Wir müssen stärker widersprechen". Auch Stiftungsvorsitzender Edzard Reuter zielt in diese Richtung: "Es geht um den Zusammenhalt unserer zivilen Gesellschaft auf der einen, unsere gemeinsame europäische Zukunft auf der anderen Seite." Unter den rund hundert Gästen ist auch der Reuter-Freund und ehemalige Chefredakteur von "Cumhuriyet", Can Dündar, der in der Türkei verfolgt wird und inzwischen in Deutschland lebt.

Vieles ist nicht lustig, was derzeit passiert. "Aber Angst macht die Menschen klein", sagt Kuratoriumsmitglied Haci-Halil Uslucan und zitiert Abdelkarims Credo: "Leute, entspannt euch!" Lachen macht frei und Mut. "Humor ist eine wichtige Form der interkulturellen Kommunikation." Das kennt auch Richard Arnold von seinen vielen Gesprächen mit Geflüchteten. Er weiß, dass ein Scherz viele Situationen entspannt. Bei ihrem Engagement vor Ort haben er und seine Team Zuversicht nicht verloren.

Kontext-Chefredakteurin Susanne Stiefel hat sich für <link https: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft das-wunder-von-gmuend-4798.html _blank internal-link-new-window>eine Reportage vor Ort davon selbst überzeugt. In Berlin hält sie die Laudatio auf Richard Arnold und die Männer und Frauen von der Projektstelle für Integration und Flüchtlinge mit dem hübschen Namen Pfiff. "Richard Arnold ist einer, der in den Wirren europäischer und deutscher Flüchtlingspolitik nie vergessen hat, dass es dabei um Menschen geht", so Stiefel. Gut gelaunt geht Richard Arnold seinen Weg in der Gmünder Flüchtlingspolitik. Unterstützt von seinen Pfifflern, die mit ihm von Schwäbisch Gmünd zur Preisverleihung aufgebrochen sind – sieben Schwaben in Berlin. Denn sie sind es, die gemeinsam mit ihrem OB den "Gmünder Weg" gehen. Und der heißt Integration von Geflüchteten vom ersten Tag an. Auch als Ehrenamtliche bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Darin findet Abelkarim eine Vorlage, die er sofort komödiantisch und bitterböse verwandelt: "Flüchtlinge bei der Feuerwehr – das ist sicher nicht verkehrt. Vor allem, wenn sie im Flüchtlingsheim wohnen."


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3 Kommentare verfügbar

  • Jue.So Jürgen Sojka
    am 23.11.2018
    Antworten
    Ganz entspannt erinnert an so manches Gespräch/Interview, das Edzard Reuter in allzu leichter Vergänglichkeit geführt hat.
    Wie überschrieb Wieland Backes seine Einladung an Edzard Reuter und Boris Palmer ins Haus der Wirtschaft zum Podiumsgespräch? Einmischen, Unbequemsein, Standhalten! [b][1][/b]
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