KONTEXT:Wochenzeitung
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Die Reichen berauben

Die Reichen berauben
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Was tun, wenn eine Zeitung nicht mehr raschelt? Trübsinnig in die Kaffeetasse gucken oder sich doch der Erotik der Elektronik hingeben? Für die GenossInnen der taz ist das noch eine offene Frage. Und Geschäftsführer Karl-Heinz ("Kalle") Ruch beantwortet sie, ganz offensiv in der ordentlichen Generalversammlung (Geno) am vergangenen Wochenende in Berlin, so: die tägliche Papiertaz habe im Jahr 2021 ausgedient, gedruckt werde nur noch die taz am Wochenende. Unter der Woche soll die Zeitung als E-Paper oder als App zur Leserschaft kommen, auf jeden Fall digital.

Nun wird bis dahin noch viel Wasser die Spree hinunter fließen, und noch entscheidet bei der Zeitung nicht einer allein, aber klar ist schon: die Papierauflagen bröckeln mit einer Geschwindigkeit, die Sorgen machen muss. Wie soll es also weiter gehen mit der taz, die heute auf eine 40-jährige Geschichte zurückblickt? Und vor allem: Wie halten's die anderen mit der digitalen Transformation?

Dazu hatte die Geno JournalistInnen alternativer Medien nach Berlin geholt, von "Mother Jones" (USA), von der "Republik" (Schweiz) und von "Mediapart" (Frankreich). Am griffigsten brachte wohl Donatien Huet das Selbstverständnis des französischen Investigativ-Mediums auf den Punkt: "Wir sind der Robin Hood des Journalismus: Wir rauben den Reichen und Mächtigen die Geheimnisse und verschenken sie an die Öffentlichkeit." Auf Spenden sind auch die französischen Online-Räuber angewiesen, mit der <link https: de.wikipedia.org wiki mediapart external-link-new-window>Juristerei hat auch Mediapart zu kämpfen.

Dasselbe gilt für Kontext. Am Kontext-Stand sind Chefredakteurin Susanne Stiefel, Josef-Otto Freudenreich und Sibylle Wais immer wieder auf den Streit mit einem Mitarbeiter zweier AfD-Abgeordneter angesprochen worden, der am 2. August <link https: www.kontextwochenzeitung.de medien maulkorb-fuer-kontext-5265.html internal-link-new-window>mit einer einstweiligen Verfügung endete. Vorerst. Bis auf den heutigen Tag haben wir keine schriftliche Begründung des Mannheimer Landgerichts. Und davon hängt nun mal ab, wie wir weiter vorgehen. Und auch, welche Kosten auf uns zukommen. Viele der taz-GenossInnen haben uns Mut gemacht und schon heute finanziell unterstützt. Dafür sagen wir hier an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank.

Für die taz-Genossin aus Hamburg ist Kontext in der Wochenendtaz die Heimatecke. Dann kritzelt sie an jeden Artikel ihre Bemerkungen und schickt die kommentierte Zeitung an die 80-jährige Mutter bei Heilbronn. "Meine Mutter liest nur Papier", sagt sie. Die einen freuen sich, dass sie in Kontext über ihren früheren Uni-Prof lesen. Und für den taz-Genossen Pejo (Peter Josef) aus Bielefeld gehört der Besuch am Stand inzwischen zu den lieb gewonnenen Geno-Gewohnheiten. "Ich lese euch immer noch am Sonntag als besonderen Leckerbissen", erzählt er und strahlt. Wir auch.

Good statt Fake News

Den "bröckelnden Kitt" in der Gesellschaft unter verschiedenen Aspekten zu betrachten, hat sich der regelmäßig im Theaterhaus tagende "Neue Montagskreis" aktuell zur Aufgabe gemacht. Nach zwei Veranstaltungen, die eine zum Zusammenhalt der Gesellschaft und die andere zum Thema bezahlbarer Wohnraum, ging es diesmal darum, "Wie Angst unser Leben bestimmt". Der Leiter der Stuttgarter Kriminalpolizei Rüdiger Winter hatte die Botschaften dabei, die belegen, dass es dafür keine sachlichen Gründe gibt. Denn: Die Zahl der registrierten Straftaten mit 54.000 in der Stadt Stuttgart, 570.000 im Land und rund sechs Millionen im ganzen Bundesgebiet "ist auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren".

Die Landeshauptstadt befinde sich traditionell im einem "fast historischen Zweikampf" um den Titel der sichersten Stadt bundesweit. Gerade zu paradox ist, dass die Gruppen in der Bevölkerung am meisten Angst haben, die am wenigsten betroffen sind. Kriminalität, so Winter weiter, "ist vergleichsweise jung und männlich, auf der Opfer- wie der Täterseite".


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4 Kommentare verfügbar

  • Wolfgang Bender
    am 25.09.2018
    Antworten
    Ich denke, der "Kalle" hat ausgedient.
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