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Ausländerhass

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Landauf, landab ist auf einmal von der Gefahr zu lesen, die von rechtsextremen Gruppierungen in der Bundesrepublik ausgehe. Man könnte deshalb meinen, dies sei ein neues Phänomen. Doch dem ist nicht so. Die Kontext:Lesung am Donnerstag, 8. Dezember, widmet sich dem Rechtsextremismus (20 Uhr im Café Stella).

Landauf, landab ist auf einmal von der Gefahr zu lesen, die von rechtsextremen Gruppierungen in der Bundesrepublik ausgehe. Man könnte deshalb meinen, dies sei ein neues Phänomen. Doch dem ist nicht so. Die Kontext:Lesung am Donnerstag, 8. Dezember, widmet sich dem Rechtsextremismus (20 Uhr im Café Stella).

Es sei hier nur an den Brandanschlag in Winterbach im Remstal erinnert, bei dem eine Gruppe von Rechtsextremen rund um einen ehemaligen NPD-Funktionär im April dieses Jahres eine Gartenhütte anzündete, in der eine Gruppe junger Migranten Schutz vor ihnen gesucht hatte. Ja, es zieht sich eine braune Spur der Gewalt durch die Geschichte der Bundesrepublik, und das nicht erst seit den Mordversuchen von Hoyerswerda, die vor genau 20 Jahren die Bundesrepublik erschütterten.

Die Liste der Todesopfer nach rechtsextremen Gewalttaten ist lang: 1980 – 13 Tote bei einem Anschlag auf das Oktoberfest in München, zwei Tote in Berlin, in Erlangen werden ein Rabbi und seine Frau ermordet, 1981 erschlagen Rechtsextreme einen Ausländer in Ludwigsburg, 1982 wird in Norderstedt ein Türke getötet, in Nürnberg sterben drei Menschen durch einen rechtsextremen Amokläufer, im Juli und im Dezember 1985 werden zwei Türken in Hamburg kaltblütig umgebracht, 1988 verlieren in Schwandorf bei einer Brandstiftung vier Menschen ihr Leben, das Motiv: Ausländerhass. 1989 und 1990 enden brutale Misshandlungen durch Neonazis in Berlin für zwei Ausländer mit dem Tod. Für die Zeit seit der Wiedervereinigung spricht die Bundesregierung von 46 Opfern rechtsextremer Gewalttaten. Andere Institutionen wie etwa die Amadeu Antonio Stiftung, deren Namensgeber ebenfalls von Neonazis ermordet worden war, geben weit höhere Zahlen an. Die Stiftung spricht von 140 Toten im selben Zeitraum.

Die Berichterstattung über Rechtsextremismus ist oft auf die Täter fixiert, die durch ihre Gewalttaten auffallen. Doch es gibt auch die Unterstützer, Menschen, die im gutbürgerlichen Gewand erscheinen und sich formal nichts zuschulden kommen lassen, aber der braunen Bande dennoch zur Hand gehen. Menschen, die in Verlagen wie etwa dem Tübinger Grabert-Verlag revanchistisches Gedankengut publizieren und Laudationes auf Wehrmacht und Co. halten. Menschen wie der inzwischen gestorbene Jürgen Rieger, der mit viel Geld rechtsextreme Gruppierungen unterstützte. Menschen wie der ebenfalls tote Casimir Johannes Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, langjähriger Schatzmeister der CDU und Mitglied in rechtsextremen Zirkeln. Menschen wie der frühere Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, Helmut Roewer, der in dem Schweizer Ares-Verlag veröffentlicht, der stolz bei seinen Autoren die Zugehörigkeit zur Waffen-SS vermerkt.

Neben den gewaltbereiten Neonazis gibt es also auch eine bürgerliche braune Schicht, die aber viel zu selten im Fokus der Medien steht. Unser Autor Meinrad Heck verfolgt die Umtriebe der rechtskonservativen Szene in Baden-Württemberg seit Jahren. Diese Szene hatte einen ihrer Kristallisationspunkte im Studienzentrum Weikersheim, einem Ort, wo konservative Landespolitik und rechtsextreme Vordenker regelmäßig zusammenfanden. Für die aktuelle Ausgabe hat er Neues ausgegraben. Aus rechtlichen Gründen steht der Text von Meinrad Heck nicht wie gewohnt am Mittwoch, sondern erst am Donnerstag online.

Seinen Text wird Heck bei einer Lesung im Café Stella diesen Donnerstag, 8. Dezember, präsentieren. Das Lokal befindet sich in der Hauptstätter Straße 57 in Stuttgart, Beginn ist um 20 Uhr. Im Anschluss an die Lesung wird genügend Zeit zum Diskutieren sein. Dabei sein wird auch Stefan Braun, ein ehemaliger Landtagsabgeordneter der SPD und der wohl kenntnisreichste Experte für Rechtsextremismus in Baden-Württemberg.

 


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2 Kommentare verfügbar

  • eraasch
    am 11.12.2011
    Antworten
    Die Fixierung auf den Verbotsantrag der NPD ist eine bloßeSelbsttäuschung. Die Rechtsextremen wird es immer geben. Die Skandale liegen anderswo: V-Leute, die volle Mitarbeiter der Szene und Vorbereiter von Anschlägen sind, aber als Informanten vom Verfassungsschutz nicht belangt werden, und so mit…
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