KONTEXT:Wochenzeitung
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Sitzen Sie bequem?

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Es ist ja eine feine Sache mit dem Echo. Wenn nur die eigene Meinung zurückschallt, fühlt man sich doch gleich viel besser und sitzt bequem. Widerspruch ist nicht zu erwarten. Überraschendes nicht zu hören. Und schon klingt die Welt einfach und übersichtlich. Wir von Kontext mögen den Widerspruch. Manchmal provozieren wir ihn auch wie mit unserer Fanpost an Angela Merkel, die keineswegs alle in der Redaktion unterschreiben wollten. Oder wir stellen einen Beitrag zur Debatte, wie den <link http: www.kontextwochenzeitung.de debatte die-unheimliche-hure-3230.html _top external-link>Essay zur Prostitution vergangene Woche. Wir geben aber auch der anderen Meinung Platz, wie in dieser Ausgabe. Diskussionen sollen ja helfen bei der Suche nach der Wahrheit, wie man hört.

Die Welt wird eng und kleinkariert, wenn man sich nur im Kokon der Gleichgesinnten bewegt. Früher war es der Stammtisch der Bier trinkenden Männer, heute bieten die sozialen Netzwerke einen modernen Ersatz. In seinem Beitrag "Raus aus der Kammer" fordert Jens Berger dazu auf, sich auch mal zwischen die Stühle zu setzen. Abweichende Positionen zur Kenntnis zu nehmen, die dem eigenen Weltbild zuwiderlaufen, und im Rahmen eines kritischen Diskurses ergebnisoffen zu debattieren. Die fatale Dynamik des Selbstreferenziellen zu durchbrechen und statt dem eigenen Echo mal den anderen Stimmen zu lauschen. Das kann durchaus erhellend sein. Und schärft die Argumentation.

Genau darum geht es in Diskussionen. Um überzeugende Argumente. Um die besseren, weil klügeren Gedanken. Und jetzt sind wir schon bei unseren KommentatorInnen. Die sind diskussionsfreudig, was wir begrüßen. Sie sind meinungsstark, und auch das gefällt uns gut. Immer häufiger jedoch wird auf Beiträge, die kein Echo der eigenen Position sind, wenig sachlich mit persönlichen Beleidigungen und Diffamierungen reagiert. Das nervt zunehmend. Wir sollen ein strengeres Auge auf die Kommentare haben, forderten jüngst unsere LeserInnen bei einem Tischgespräch in der Redaktion. Auch sie sind das persönliche Gezerre im Kontext-Forum leid.

Vielleicht trägt der Text zur Echokammer dazu bei, dass manche ForistInnen ihre Umgangsformen überdenken. Gemeinsam mit dem erneuten Appell, dass ein zweiter Gedanke keinem Text schadet. Und noch ein kleiner Tipp: Schreien ersetzt im wirklichen Leben keine Argumente, GROSSBUCHSTABEN im Netz auch nicht. Und damit besorgte Leser nicht denken, dass wir alles freischalten – dieser Troll ging nicht online: "Seid ihr eigentlich alle vollkommen verblödet? Nur mal so ne Frage im Raum. Die Berichterstattung hier ist alles andere als sachlich und präzise ihr Vollidioten." In diesem Fall hoffen wir, dass das Echo seiner Ergüsse ungefiltert beim Verfasser ankommt.


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3 Kommentare verfügbar

  • Ulrich Scheuffele
    am 12.11.2015
    Antworten
    jetzt bin ich beruhigt, nachdem ich gelesen habe, dass nicht Alle in der Redaktion die Fanpost an Mutti unterschreiben wollten.
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