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Schöne Ferien

Schöne Ferien
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Die Südländer Bayern und Baden-Württemberg machen jetzt endlich auch Ferien. Da wäre mal ein dickes Danke vom Rest der Republik in Richtung Süden fällig. Historisch gesehen. Denn der Siegeszug des Urlaubs beginnt mit dem Arbeiterurlaub der württembergischen Eisenbahner. Bis dahin war diese arbeitsfreie Zeit immer nur einigermaßen humanen Arbeitgebern (selten) zu verdanken, die dem geknechteten Schaffer ab und an mal eine winzige Auszeit (noch seltener) gönnte (Schafferinnen waren übrigens meistens ausgenommen). Urlaub, da ist der Name Programm, leitete sich nicht umsonst vom mittelhochdeutschen Wort urloup ab, und das heißt Erlaubnis. 

1899 erhielten also die Eisenbahner per Ministerialverfügung freie Zeit zur freien Verfügung. Dann kamen die Arbeiter in Bergwerken, Hütten und Salinen der kaiserlichen Werft und der königlichen Porzellanmanufaktur dazu. Und weil die StuttgarterInnen sich selten mit halben Sachen zufriedengeben, wurde das Ganze 1903 mit der Wiedergeburt der Gewerkschaften vom "Zentralverband deutscher Brauereien" in die Tarifverträge der Stuttgarter Bierbrauer eingeschrieben: Wer mindestens ein Jahr lang für einen Betrieb gearbeitet hatte, bekam vertraglich verbrieften, bezahlten Urlaub. Drei Tage im Jahr. Halleluja.

Für alle anderen gründeten am 10. Mai 1909 Friedrich Westmeyer und Clara Zetkin zur Kurzzeit-Erholung den Stuttgarter Waldheimverein Sillenbuch. Damit die oft bettelarmen ArbeiterInnen zumindest ab und zu aus dem stinkigen Kessel raus und an gute Luft rankamen und ihre Kinder zur Abwechslung grüne Wiese unter den Füßen fühlen konnten, ohne gleich von kleinkarierten Kehrwöchnern angebrüllt zu werden. Und vor allem schufen sie einen unabhängigen Platz fürs gepflegte linkspolitische Gespräch. Wenn man es genau nimmt, ist es auch diesen Erholungsplätzen zu verdanken, dass der Urlaub seinen Siegeszug antrat. Denn damit genau solche Art Gespräche nicht ausuferten, setzten sich auch bürgerliche Sozialpolitiker verstärkt für Urlaub ein. Als politisch präventive Freizeitmaßnahme sozusagen. 

Zwei Weltkriege hat der Urlaub überlebt. Dann kam Capri. Mit Hose, Rock und Sonne. Gerne transportiert im allerneuesten Schick, dem Hymer-Wohnwagen Eriba-Touring, produziert ab 1957 in Bad Waldsee. Im Gepäck die Capri-Sonne aus Eppelheim bei Heidelberg im bis heute exklusiven "Standbodenbeutel". 

Demnach kann man also getrost sagen, die Baden-WürttembergerInnen haben alles erfunden, was man für einen gepflegten Urlaub braucht – politische Bildung, Transportmittel samt mobiler Übernachtungsmöglichkeit, Erfrischungsgetränk. Sogar den Urlaub selbst.

Die Deutschen fahren übrigens von jeher vor allem wegen der Sonne und der schönen Landschaft weg. Heiß und grün soll's sein. Verständlich, denn Grün verspricht Harmonie, Gelassenheit und eine heilsame Wirkung auf Seele und Körper.

Urlaubslektüre für Soli-Geber

Und deshalb haben wir unserem Spendenbutton ein frisches Urlaubs-Outfit verpasst: Aus Rot wird Grün. Lädt ein zum wohligen und heilsamen Draufklicken und macht garantiert ein gutes Gefühl. Das lohnt sich vor allem jetzt. Denn frei nach Clara Zetkin gibt's von uns politische und sinnliche Ferienbildung für umme dazu. Für alle neuen Soli-GeberInnen gibt es jeweils ein Stück feinste Urlaubslektüre aus Baden-Württemberg. Unter anderem den aktuellen Schwaben-Krimi von Klaus Wanninger, der uns einen ordentlichen Stapel seiner Bücher kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Herzlichen Dank dafür. Unsere gesamte Auswahl finden Sie <link http: www.kontextwochenzeitung.de extra veranstaltungen buchveroeffentlichungen buchgeschenke.html _blank>unter diesem Link. Zum Soli-Formular <link http: www.kontextwochenzeitung.de extra die-kontextwochenzeitung werden-sie-kontextunterstuetzer ein-soli-abo-zeichnen.html _blank>geht es hier lang.

Wir machen derweil wie gewohnt jede Woche eine neue Ausgabe, damit unsere LeserInnen auch am Strand und in den Bergen nicht auf ihr Lieblingsblatt verzichten müssen. Kontext goes Urlaubslektüre. Wir wünschen schöne Ferien!


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1 Kommentar verfügbar

  • Paul-Wilhelm Bürkle
    am 30.07.2015
    Antworten
    Das ist eine recht erheiternde Lektüre, die auch unsere Errungenschaften zu preisen bereit ist. Diese werden in den USA leider nicht gewährt und dass sie uns nicht zu Kopf steigen, befleißigt sich die große Koalition zu den Verhandlungen mit Nordamerika zu stehen. Diese sollen mittels TTIP, TISA und…
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