Prolog: Porsche-Chef Oliver Blume lässt sich dafür feiern, dass sein 180 000 Euro teurer Elektro-Sportwagen 20 Mal hintereinander von 0 auf 200 km/h beschleunigt werden kann, ohne langsamer zu werden. Seine Ingenieure hatten herausgefunden, dass andere Elektrofahrzeuge bereits nach zehnmaliger Wiederholung dieser auf deutschen Straßen unverzichtbaren Tugend eine Sekunde länger brauchen. Während weltweit die Jugend, organisiert durch Fridays For Future, ihre Zukunft in die Hand nimmt und auf den Straßen für echten Klimaschutz demonstriert und ein Ende des Laberns und mutiges Handeln einfordert, feiern sich die Autobosse für ihre Klimakiller-Stadtpanzer im Porsche-Museum hinter eilig angebrachten Metallschutzzäunen.
Die Realität: In den vergangenen zehn Jahren hat sich der CO2-Ausstoß in Deutschland nicht mehr verändert. Seit einer Dekade verharren wir bei 900 Millionen Tonnen CO2. Das liegt vor allem am Verkehrssektor, der seit 30 Jahren gleich hohe CO2-Emissionen aufweist. Seit zwei Jahren steigen sogar erstmals die CO2-Emissionen bei Benzin- und Diesel-Neuwagen um bis zu vier Gramm CO2 wieder an.
Woran das liegt? Länger, größer, schwerer! Jedes dritte neu zugelassene Auto ist heute ein SUV. Volkswagen erklärt offiziell, dass bis 2025 jedes zweite Auto ein SUV sein soll. Dasselbe Unternehmen lässt sich feiern als Elektro-Pionier. Der Deutschen Umwelthilfe vorliegende VW-Strategiepapiere belegen aber, dass bis 2025 jedes Jahr mehr Autos mit Verbrenner-Motor verkauft werden sollen. Das zeigt sich nicht nur an der geplanten Steigerung von Benzin- und Dieselfahrzeugen, sondern auch daran, dass die SUV-Modelle von 13 auf 30 anwachsen sollen.
Die Stadtpanzer sind eine Kriegserklärung
Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) stiegen die CO2-Emissionen der weltweiten SUV-Flotte seit 2010 um 0,55 Gigatonnen auf rund 0,7 Gigatonnen. Damit leisteten die SUV-Stadtpanzer den zweitgrößten Beitrag zum Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen seit 2010, nur der Ausstoß des Energiesektors stieg in diesem Zeitraum noch stärker an.
Die Flutung unserer Städte mit Stadtpanzer ist eine Kriegserklärung an den Klimaschutz, eine Kampfansage an Fußgänger, an Radfahrer – an uns alle!
Doch diese Bundesregierung hat sich vom Klimaschutz im Verkehrssektor verabschiedet. Sie fördert sogar die SUV-Flut. Ich war in der vergangenen Woche als Sachverständiger im Bundestags-Finanzausschuss geladen; es ging um die Umsetzung des Klimapakets, konkret um das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität. Und was versteht die Bundesregierung darunter? Bis ins Jahr 2031 sollen selbst Monster-SUVs wie der BMW X5 mit 3,15 Tonnen Gesamtgewicht und einem spritschluckenden Sechs-Zylinder-Benzinmotor wie ein reines Elektroauto behandelt werden – wenn der Hersteller einen kleinen zusätzlichen Elektromotor verbaut.
Wie soll denn die deutsche Autoindustrie den aktuellen Rückstand bei effizienten und abgasfreien Fahrzeugen aufholen, wenn die Bundesregierung ihr für den Heimatmarkt bis 2031 verspricht, beliebig schwere und im realen Fahrbetrieb besonders spritdurstige Stadtgeländewagen im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung wie E-Autos zu behandeln? Wie soll der Rückstand auf Renault, Nissan, Tesla, Kia, Solaris, Hyundai und die vielen chinesischen Autohersteller aufgeholt werden mit derartigen, von Daimler, BMW und VW diktierten Förderregeln? Und wie sollen die Klimaziele so erreicht werden?
7 Kommentare verfügbar
ralph
am 07.11.2019