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Weg mit den Panzern

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Stuttgart hat es verdient, von SUVs befreit zu werden, meint unser Autor. Denn die Schwäbinnen und Schwaben haben eine Stadt aufgebaut, in der es keine Sandverwehungen, keine metertiefen Schlaglöcher, keine wegen Barrikaden unzugänglichen Stadtteile und keine Neckar-Furte gibt.

Es gibt keinen vernünftigen Grund, auch nur einen dieser wuchtigen übermotorisierten Maschinen die Stadtgrenzen passieren zu lassen. Zumal es auch für vier Kinder plus Hund plus Gepäck locker einen Kombi tut.

Inzwischen ist fast jedes dritte Auto, das in Deutschland neu zugelassen wird, ein Geländewagen oder ein geländegängiger SUV (Sport Utility Vehicle). Allein 2018 wurden 933 000 SUVs neu auf Straßen, Fußgänger und Fahrradfahrer losgelassen, darunter 303 000 klassische Geländewagen. Die Gesamtzahl für Deutschland: gut 5 500 000, bei insgesamt 47 Millionen PKWs.

Es benötigt aber niemand in Städten und Gemeinden ein solches Gefährt, um sich sicher, bequem, individuell und angemessen schnell fortzubewegen. Für ihren Einlass spricht also nichts.

Spricht eventuell etwas dagegen? Jede Menge sogar.

SUVs sind überdurchschnittlich groß und nehmen deshalb vernünftigen AutofahrerInnen auf Straßen, Parkplätzen und Parkhäusern protzig viel Platz weg. Eine kleine Rechnung: Auf einer Fläche mit 100 SUVs könnten 130 Kleinwagen parken, denn sie sind bis zu 40 Zentimeter breiter als ein Kleinwagen. Weiter: Sie schaden Luft, Natur und Umwelt besonders, stoßen sie doch in der Regel doppelt so viel CO2 aus wie Kleinwagen und deutlich mehr Stickoxide.

Wegen breiterer Reifen und höherem Druck auf die Straße haben sie mehr Reifenabrieb, weshalb sie dem Belag besonders schaden, lauter sind und mehr Feinstaub und Mikroplastik hinterlassen. Bei ihrer Herstellung — mehr als doppelt so schwer wie ein Kleinwagen — werden überdurchschnittlich viel Material und Ressourcen verbraucht. Sie gehören allein wegen ihres durchweg hässlich-martialischem Design als kulturell-ästhetische Zumutung in menschenferne Gebiete verbannt und in jedem Fall raus aus unseren Städten (hier geht's zur Petition).

Ihr Einsatz ist eher in Savannen-, Wüsten-, Dschungelgebieten sinnvoll, grundsätzlich jedoch nicht in zivilisierten menschengefüllten Gebieten. Sicher gibt es bestimmte Berufsgruppen wie Förster, Wolfsrudel-Hirten, Vulkanforscher, Landwirte und Jäger, die solche Fahrzeuge zur Arbeit gut gebrauchen können.

Damit kommen wir zu einem entscheidenden Punkt, dessen Folgen gerade in bevölkerten Städten und Gemeinden über die bisher genannten Aspekte hinausgehen. Stichwort: Verkehrssicherheit. Da diese Kolosse bewusst deutlich breiter und höher konstruiert sind, einen größeren Wendekreis haben, die FahrerInnen deutlich höher sitzen, fühlen sich diese, stahlummantelt sicher wie in einer fahrbaren Burg, so dass sie die Gefahren, die von ihrer Geschwindigkeit und ihrem Fahrverhalten für Dritte ausgehen, strukturell unterschätzen und deshalb viel riskanter fahren, beispielsweise auf der Straße ohne Fahrradweg gerade mal so einen Hauch von 30 Zentimeter am Fahrradfahrer vorbei. Zudem können sie in ihrem Koloss kein Gefühl mehr entwickeln, welche Unsicherheiten sie bei allen anderen Verkehrsteilnehmern auslösen, die deutlich verletzlicher und schwächer als sie sind. Übrigens: Gefährte, die so konstruiert sind, sind viel schwerer als andere zu beherrschen, was wohl nur einem Teil der SUV-Community bewusst zu sein scheint.   

Wenn, wie es heißt, viele BürgerInnen einen SUV kaufen, weil sie sich so vor rauen und rücksichtslosen Verkehrsverhältnissen schützen wollen: Verkörpert der, der so argumentiert, nicht gerade die von ihm beklagte Rücksichtslosigkeit? Denn er verbreitet doch mit seinem Schutz ein Maximum an Unsicherheit. Macht das jeder und jede, wo endet dann die Spirale? Etwa da: Jedes SUV hat vorne — wie eine Planierraupe — noch ein Schild aus Stahl montiert, so zwei Meter breit, um all die lästigen Radfahrer, Fußgänger, Auto-Normalos und sonstigen Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Was spricht noch für das SUV-freie Stuttgart?

Richtig: Porsche, Daimler, IG Metall. Was hat nun dieses Trio mit einem SUV-freien Stuttgart zu tun? Viel.

Beide Konzerne haben hochkompetente Ingenieure und Mobilitätsexperten, die es verdient haben, an besserem zu arbeiten als an protzig-primitiven Fortbewegungsmitteln. Warum entwickeln sie nicht hochintelligente vernetzte öffentliche Nahverkehrssysteme — für Stuttgart, die Region, die Metropol-Region Stuttgart? Mit Rufbussen, Robocabs, Produkten wie dem elektrischen 12-Sitzer-Kleinbus Olli, der schon in Berlin herumfährt. Sicher: Daimler unternimmt bereits einiges: Car2go, seit kurzem mit BMW zusammen, mit etwa 20.000 Fahrzeugen in etwa 30 internationalen Metropolen; der eCitaro, ein vollelektrisch betriebener Stadtbus; Verkehrsberatung für Kommunen, unter anderem zum Aufbau von sogenannten Schnellbussysteme (Bus Rapid Transit-Systeme).

Jedoch sind das eher sehr überschaubare Schritte für einen wirtschaftlich so leistungsfähigen Großkonzern. Und natürlich konzentriert auch er sich vor allem darauf, seine Autoproduktion auf die Elektromobilität umzustellen.

Ein Vorhaben, das Umweltschützer kritisch sehen: Woher kommen die Ressourcen, um die insgesamt zig Millionen neuen Hochleistungs-Batterien herzustellen? Elektroautos brauchen deutlich mehr Kupfer und Aluminium. Der Abbau von beiden Rohstoffen verursacht hohe Umweltschäden, die Herstellung von Aluminium aus Bauxit ist zudem besonders energieintensiv. Elektromobilität braucht den Rohstoff Lithium in rauen Mengen, bei dessen Abbau — vor allem in Salzsee-Regionen in Bolivien, Chile und Peru — enorme Mengen Wasser verbraucht werden. Die Liste der Umweltkritiker ist lang.

Damit wird klar: Nicht der Umstieg auf die Elektromobilität ist die Lösung, sondern die Entwicklung von neuen Systemen, vor allem für Großstädte und Metropolregionen, bei denen der klassische Individual-Autoverkehr eine möglichst geringe Rolle spielt.

Umdenken schon seit den Siebzigern

Also der Sachverstand wäre im Prinzip da. Und Geld auch. Denn vom SUV-Geschäft profitiert nur einer: "Geländewagen haben höhere Margen als andere Pkw." Das sagte bereits vor Jahren Dieter Zetsche, bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender von Daimler. Aber nicht nur deshalb verdienen die Autokonzerne seit vielen Jahren prächtig. Bei Porsche blieben unter dem Strich in 2018 rund 3,1 Milliarden Euro, gut drei Prozent mehr als 2017. Und Daimler verzeichnete 2018 einen dramatischen Gewinneinbruch! Und lag (vor Steuern und Zinsen) nur noch bei 11,1, anstelle von 14,3 Milliarden Euro.

Und die IG Metall, in diesen beiden Unternehmen bestens organisiert, würde mit einer anderen Mobilitätspolitik an alte Traditionen anknüpfen, die in diesen Klima-Zeiten weitsichtiger denn je scheinen.

Eine Gruppe kritischer Betriebsräte bei Daimler-Benz entwickelten bereits in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren Konzepte für einen sozialökologischen Umbau der Autoindustrie. Die sogenannte "Plakat"-Gruppe um Willi Hoss und Dieter Marcello sah darin keine Bedrohung der Arbeitsplätze, sondern geradezu einen Beitrag zu deren langfristigen Sicherung. Daimler-Benz sollte "alternative Produkte für ein alternatives Verkehrssystem" bauen.

SUV-Poster. Foto: Raus aus unserer Stadt

Warnhinweise für SUVs, wie die auf Zigarettenpackungen?
Der Jugendrat der Generationen Stiftung, initiiert von Utopia.de-Gründerin Claudia Langer, macht's möglich: am vergangenen Dienstag haben die Jugendlichen in einer „No SUV"-Aktion auf dem Berliner Kudamm gegen dicke Karren protestiert und knallige Aufkleber verteilt („Dieses Auto gehört nicht in die Stadt" in rot). Auch der Jugendrat hat eine Petition geschaltet. (ana)

Und zu Zeiten des IG Metall-Vorsitzenden Franz Steinkühler, zuvor Bezirksleiter in Stuttgart, entwickelte die Gewerkschaft Anfang der 1990er Jahre, also vor etwa 30 Jahren, mit Umweltverbänden das Programm „Auto, Umwelt und Verkehr. Umsteuern, bevor es zu spät ist.“ Autokonzerne sollten nicht länger nur Autos, sondern Mobilitätssysteme produzieren. Das neue Geschäftsmodell: Fahrleistung bereitstellen, nicht länger nur Autos verkaufen.

Aus all diesen Gründen ist Stuttgart bestens vorbereitet. Diese Stadtgesellschaft sollte sich trauen, diese gepanzerten Fahrzeuge, diese hoffentlich letzte Exzess der Automobilgesellschaft, rauszuwerfen, um wieder richtig durchatmen zu können.

So könnte doch ein erster kleiner Schritt aussehen, einer der noch auf freiwillige Umkehr setzt: überall offizielle Verkehrsschilder — "Liebe SUVs, geht freiwillig, Ihr seid nicht willkommen".


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20 Kommentare verfügbar

  • SUV-Fahrer, und das gerne und wieder und weiter
    am 14.10.2019
    Antworten
    Was für eine Kette von Argumenten mit inhaltlicher Ahnungslosigkeit.
    Ich frage mich, was die ganze Hetze und die Hetzkampagnen bringen.
    Alleine der Sprachgebrauch, von sehr vielen übernommen --Panzer- ist eine
    unverschämte Hetze und hat nichts mit der Realität zu tun.
    Mein Wagen ist nicht…
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