KONTEXT:Wochenzeitung
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Dranbleiben ist Bürgerpflicht

Dranbleiben ist Bürgerpflicht
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In der Medienlandschaft ist der umstrittene Mannheimer Richterspruch sehr genau registriert worden. Dasselbe gilt für die Politik, die sich mit der AfD und braunen Gesinnungsfreunden auseinanderzusetzen hat. Für Kontext haben kundige Beteiligte mehr oder weniger kurze Stellungnahmen formuliert.

Joe Bauer, Publizist

Wenn Nazis in alter Tradition von der Justiz geschützt werden, müssen Kontext & Co schleunigst Strategien und Methoden erfinden und entwickeln, um die Fakten dennoch zu verbreiten. Dann brauchen wir im Netz und auf Papier eine spezielle Art digitaler Zaubertinte, um dem Wahnsinn zu trotzen. Man muss mit Schlauheit reagieren. Das erfordert viel journalistische Hirnarbeit.

Leni Breymaier (MdB), SPD-Landesvorsitzende

Man muss erst mal auf die Idee kommen, die Zitierer der eigenen Texte anzuzeigen. Dass dem dann auch noch stattgegeben wird, überrascht. Ich gehe davon aus, die Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren korrigiert. Alles andere ist nicht vorstellbar. Kontext hat in der Sache und im klaren Bekenntnis gegen rechts meine uneingeschränkte Solidarität.

Fritz Frey, Chefredakteur SWR

Die AfD ist im Reigen der relevanten Parteien vergleichsweise jung. 2013 gestartet als europaskeptische und rechtsliberalen Partei mäandert sie aktuell an der Grenzlinie zwischen nationalkonservativ und rechtsextrem. Für uns Journalisten ergibt sich aus diesem Mäandern ein schlichter Auftrag: Informationen zusammentragen, die Auskunft geben, wo die Partei inhaltlich steht. Nicht mehr und nicht weniger hat sich die Kontext-Autorin Anna Hunger vorgenommen und brisantes Material (Chatprotokolle) zutage gefördert. Material, das zeigen soll, wie ein parlamentarischer Mitarbeiter zweier AfD-Abgeordneter im Stuttgarter Landtag tickt: rechtsextremistisch, ausländerfeindlich und antisemitisch. Wer eine solche Figur beschäftigt, muss Rückschlüsse auf die Gesinnung seiner Partei zulassen. All das weiß man bei der AfD, kein Wunder, dass sich der Mitarbeiter wehrt und den Rechtsstaat bemüht. Prozessbeobachter schildern, dass die Verhandlung letztlich in die Frage mündete: Sind die belastenden Chatprotokolle echt oder manipuliert? Der Richter, der sich außer Stande sah, die Frage zu klären, gab dem Antrag statt, freilich nicht ohne Hinweis auf ein mögliches Hauptsacheverfahren. Ob die Kontext: Wochenzeitung ein solches anstreben sollte? Ich habe da Zweifel. Solche Verfahren ziehen sich und verbrauchen viel Energie. Energie um einen schlichten Auftrag zu erfüllen, nämlich zu klären, wer die Richtlinienkompetenz hat: Die Nationalkonservativen oder die Rechtsextremisten?

Reinhold Gall (MdL), Geschäftsführer SPD-Landtagsfraktion

Die AfD wird dieses Urteil als Freibrief für weitere Hetze, Rassismus und Verunglimpfung des Staates und seiner Repräsentanten nutzen. Diesem Tun muss sich nun jede Demokratin und jeder Demokrat entgegenstellen. Das Urteil darf keine Ausrede für Nichtstun sein.

Georg Löwisch, Chefredakteur der taz

Die Beharrlichkeit der Kontext-Redaktion ist richtig und wichtig. Die Feinde der liberalen Demokratie haben traditionell Probleme mit der Pressefreiheit. Kein Wunder: Wie sollen sie Artikel 5 unseres Grundgesetzes verstehen, wenn sie schon Artikel 1 nicht achten? Gut, wenn sie vor Gericht lernen, was Pressefreiheit bedeutet: Zum Beispiel, dass über ihre Netzwerke, ihre Umtriebe und ihre Hetze berichtet wird – auch und gerade dann, wenn es ihnen nicht passt.

Bernd Riexinger (MdB), Bundesvorsitzender Die Linke

Es ist die Aufgabe und Pflicht der vierten Säule unserer Demokratie, über faschistische und staatsgefährdende Tendenzen in unserer Gesellschaft zu berichten. Erst recht, wenn Neonazis im Landtag vom Baden-Württemberg beschäftigt sind, die von Krieg und Terror träumen. Es kann doch nicht sein, dass diejenigen, die unsere Verfassung zerstören wollen, durch ein solches Urteil quasi einen Freibrief dafür bekommen. Wir müssen uns gemeinsam dem aktuellen Rechtstrend entgegenstellen, ob im Parlament, auf der Straße oder in der Presse. Dem gesamten Team der Kontext:Wochenzeitung möchte ich meine Solidarität bekunden. Macht weiterhin beharrlich eine kritische und inhaltsvolle Wochenzeitung.

Stephan Hebel, Autor ("Frankfurter Rundschau" u.a.)

Kontext kämpft in dieser Sache nicht nur für Kontext, sondern für alle Medien, die den Anspruch der Aufklärung nicht aufgeben möchten. Wenn sich am Ende der Nachweis gerichtsfest führen lässt, dass der Nazi-Schmutz tatsächlich von dem AfD-Mitarbeiter stammt – und dafür spricht einiges –, wäre das ein wichtiger Beitrag gegen die Aushöhlung und Verhöhnung der Demokratie im Umfeld der angeblich so "bürgerlichen" AfD. Kurz gesagt: Dranbleiben ist Bürgerpflicht!

Edzard Reuter, Buchautor

Wegen sprachlosem Erstaunen nur so viel fürs Erste: Ich bin ganz auf der Seite der Redaktion.

Hans-Ulrich Sckerl (MdL), Geschäftsführer Landtagsfraktion Grüne

Großen Respekt vor den Redakteurinnen und Redakteuren von Kontext:Wochenzeitung, die Chat-Protokolle mit menschenverachtenden und rassistischen Äußerungen aufgedeckt haben und sich nicht haben einschüchtern lassen. Wir werden sie bei ihrem Einsatz für die Aufklärung über rechtsextreme Umtriebe bei der AfD und für die Presse- und Meinungsfreiheit weiter unterstützen. Mit dem Urteil der Pressekammer am Landgericht Mannheim ist die Affäre um rechtsextreme Mitarbeiter im Landtag noch lange nicht beendet.

Frank Überall, DJV-Bundesvorsitzender

Stammen die umstrittenen Chat-Protokolle nun von dem AFD-Repräsentanten oder sind sie akribisch gefälscht? Die Frage kann im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht geklärt werden, dafür braucht es eine ordentliche Hauptverhandlung mit umfassender Beweisaufnahme. Bei allem Verständnis für das Persönlichkeitsrecht ist es in diesem Fall – wie leider allzu oft – schwer auszuhalten, dass die Mühlen des Rechtsstaats langsam mahlen. Allzu schnell sind viele Richter mit einem schweren Eingriff in die Pressefreiheit dabei, wenn sie solche Berichtsverbote erlassen. Der Betroffene hat aber den Streisand-Effekt übersehen: Jetzt wird Monate, ja Jahre lang, über seine möglichen Chat-Äußerungen öffentlich verhandelt und diskutiert. Darüber wird in den Medien berichtet werden – auch das ist Pressefreiheit!

Boris Weirauch (MdL), SPD-Obmann im NSU-U-Ausschuss

In unserer bisherigen Zusammenarbeit im Rahmen meiner Landtagsarbeit, insbesondere im Zuge des NSU-Untersuchungsausschusses, ist mir die Kontext-Wochenzeitung durch sorgfältig recherchierte Berichte aufgefallen. Ich würde mir wünschen, dass Kontext nach wie vor am Ball bleibt und sich auch durch eine Gerichtsentscheidung nicht davon abbringen lässt, kritisch zu berichten. Eine kritische Presse ist der Wesenskern einer freiheitlichen Demokratie.


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8 Kommentare verfügbar

  • Peter-Paul Klineger
    am 11.08.2018
    Antworten
    An der Sache daranbleiben, ich finde das wirklich gut. Sonst hätte ich von diesen, sehr bezeichnenden Fall, niemals erfahren können. Danke für die Veröfentlichung.
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