Diese Politik aber hat Methode. Sie lautet: Bedürftige und Arme raus aus der Stadt! Diese Menschen haben bekanntlich keine Lobby, der grüne Sozialbürgermeister nennt sie in seinem PR-Video zum Thema nicht zufällig vorzugsweise "Personen". Deshalb sind wir hier – aus Solidarität mit denen, die man aus den Kulissen des Konsums verjagen will.
Und vor diesem Hintergrund muss ich etwas sagen zur verheerenden Stuttgarter Immobilienpolitik, die uns alle angeht. In dieser Stadt werden ja nicht nur Sitzbänke für Obdachlose, sondern ganze Wohnblöcke und Siedlungen abgerissen und damit Normal- und Geringverdiener aus der Stadt vertrieben. Von den Armen ganz zu schweigen.
In den vergangenen fünf Jahren sind die Mieten in Stuttgart um mindestens 25 Prozent gestiegen. Schon lange redet man nicht mehr von Wohnungsmangel – sondern von eklatanter Wohnungsnot. Diese Wohnungsnot bedroht mehr denn je das gesellschaftliche Leben. Viele schieben alles Übel den Geflüchteten und Asylanten in die Schuhe.
In Stuttgart entwickeln Investoren die Stadt
Und viele Verlierer, die Opfer der profitorientierten neoliberalen Politik, wählen aus Angst, Neid und Wut AfD. So spielt die herrschende Politik Rechtspopulisten, rassistischen Hetzern und Nazis in die Hände.
Stuttgart, das wissen wir nicht erst seit S 21, hat die Stadtentwicklung den Investoren überlassen. Diese Stadt verliert ihr Gesicht und ihren Charakter. Und die Wohnungspolitik ist heute ein Symptom dafür, wie die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft.
Dauernd hört man von Politikern, egal ob von Grünen, CDU oder SPD: Den Wohnungsbau könne man dem freien Markt überlassen – also der Bauwirtschaft. Und damit sind wir wieder bei der Bank: 2011 hat die damalige LBBW mithilfe der Politik 25 000 bezahlbare Wohnungen im Land und in der Stadt an eine Immobilienfirma verhökert – an eine Heuschrecke, die diese Wohnungen prompt mit horrendem Millionengewinn an den nächsten Hai weiterverscherbelte. Bei uns wird auf Teufel komm raus mit Wohnraum spekuliert – obwohl jeder weiß, wie begrenzt diese Ressourcen sind.
Die Stadt selbst tut nichts, aber rein gar nichts, gegen die Wohnungsnot. Und wenn Menschen, die nicht in das Bild von Provinzlern, Spießern und Ausländerfeinden passen, auf der Straße leben – dann vertreibt man sie aus der ach so schönen Königstraße, wo die Zerstörung dieser Stadt doch längst sichtbar ist. Wo ein Blick hier ins Touristen-Informationszentrum genügt, um zu sehen, wie provinziell und einfallslos sich diese Stadt darstellt.
Eins muss ich noch loswerden: Wer beschließt, eine Straßenbank abzubauen, um Obdachlose zu vertreiben, hat auf seinem Sesselfurzerplatz im Rathaus den Bezug zur Realität und zum Leben verloren. Deshalb müssen wir uns engagieren für die, die zu schwach sind, um sich gegen die Politik der Menschenverachtung zu wehren. In diesem Sinne: Auch unsere Solidarität ist eine Bank!
Joe Bauer ist Kolumnist der "Stuttgarter Nachrichten", Inhaber des "<link http: www.flaneursalon.de de index.php external-link-new-window>Flaneursalons" und schreibender Spaziergänger.
8 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 06.12.2016Na da sind wir ja mit der Aufarbeitung der Hintergründe schon ein großes Stück weiter!