Was war das für ein rauschendes Fest am 21. Oktober 2016. Während die restliche Welt gerade über den Widerstandsgeist der kleinen Wallonie gegen das Handelsabkommen CETA staunte, klopfte man sich in Konstanz gegenseitig auf die Schulter. Nach jahrzehntelangem Ringen um ein modernes Veranstaltungshaus für die Stadt, wurde nun tatsächlich die Eröffnung eines solchen gefeiert. Rund 27 Millionen Euro hatten Stadt und Industrie- und Handelskammer (IHK, als zweiter Mieter des Hauses) in den Kauf und Umbau einer ehemaligen Produktionshalle der Blaubeurener Solarfirma Centrotherm investiert. Oberbürgermeister Uli Burchardt platze beinahe vor Stolz bei der Eröffnung seines Bodenseeforums. 800 von der Stadtverwaltung handverlesene Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur waren gekommen, um dabei zu sein. Darunter eine Ministerin aus Stuttgart, eine Staatssekretärin aus Berlin und Günther Oettinger, damals noch EU-Kommissar für Digitales, als Festredner. So weit man hört, soll es ein schöner Abend gewesen sein. Für die meisten.
Aber auch damals gab es schon einige, die ahnten, dass all der Glanz doch eher notdürftig aufgetragen gewesen sein könnte. Die Handwerker zum Beispiel. Erst zwei Stunden vor dem Festakt verließen sie das Haus und überließen es vorübergehend der lokalen Prominenz. Unter großem Zeitdruck hatten sie in der Woche vor der geplanten Eröffnung ihre Arbeiten wohl nicht mehr ganz so gründlich ausführen können. Nur das Nötigste wurde erledigt, schließlich sollte der Eröffnungstermin unbedingt gehalten werden. Eine Konsequenz daraus: Im Februar 2017 musste das Haus für ein paar Tage geschlossen werden, um einige bauliche Mängel auszubessern. Und das ist nur eine Episode einer erstaunlichen Pannenserie bei dem Projekt.
Los ging es mit einer monatelangen Hängepartie über die Rechtsform des Betriebs. Zwischen geltendem EU-Recht und dem Finanzamt ging lange nichts voran, wichtige Entscheidungen wurden dadurch verzögert. Am Ende entschied sich die Politik für die Form des Eigenbetriebs. Laut Stadt auch deshalb, weil bei anderen Konstruktionen wie einer GmbH steuerliche Verluste in Millionenhöhe gedroht hätten. Das gesamte Projekt geriet noch mehr unter Verzug, als ausgerechnet das Unternehmen Imtech die Ausschreibung zum Umbau des Hauses gewann. Das Problem: Am gleichen Tag hatte die internationale Baufirma Insolvenz angemeldet. Es war klar, dass das Unternehmen das Projekt nicht würde stemmen können. Also ging auch hier nach zähen Verhandlungen mit dem Imtech-Insolvenzverwalter wieder alles von vorne los. Fast noch gravierender war allerdings, dass sich der Bau als wesentlich schwieriger entpuppte, als die Verantwortlichen sich das vorgestellt hatten. Es gab Probleme mit der Statik des Hauses, auch der Brandschutz funktionierte lange nicht so wie vorgeschrieben. Die Konsequenzen daraus: Neue Gutachten wurden benötigt, der Prozess verzögerte sich immer weiter. Bis vor wenigen Wochen stritt die Stadt mit Baufirmen um Schadensersatz. Inzwischen habe man eine gute Lösung gefunden, erklärt das städtische Pressebüro dazu.
Schnelle Trennung
Und auch nach der großen Eröffnungsfeier im Oktober, rissen die Hiobsbotschaften für das Bodenseeforum nicht ab. Der Geschäftsführer Thomas Karsch schmiss entnervt kurz nach der großen Sause hin. Ihm folgten weitere Mitarbeiter, wie Technische Leitung und Assistenten. "Krankheitsbedingt" habe Karsch nicht weitermachen können, heißt die offizielle Erklärung. Eine Rückkehr war wohl von beiden Seiten nicht erwünscht.
Da begann dann das nächste Problem für die Politik. Denn: Karsch war unbefristet und ohne Probezeit angestellt worden. Der Gemeinderat hatte sich trotz der Warnungen des städtischen Personalamtsleiters Thomas Traber für diese Variante entschieden. Der notwendige Aufhebungsvertrag kostete die Stadt mindestens weitere 100 000 Euro, die nicht einkalkuliert waren. Noch nicht eingerechnet sind da die Kosten für einen Headhunter, der nun einen Nachfolger finden soll. Zu den Personalquerelen gesellte sich schließlich noch Ärger mit Veranstaltern und Gästen nach den ersten Großpartys mit mehr als 1000 Besuchern im Bodenseeforum. Die Abläufe waren nicht geprobt, fast überall hakte es. Auch das eine Konsequenz aus dem überstürzten Eröffnungstermin. In all diesen Wirren war es dann fast nur noch eine Randnotiz, dass dass das biedere Kulturprogramm der ersten Monate kaum Strahlkraft hatte.
5 Kommentare verfügbar
Dieter Seewald
am 18.02.2017