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Pappefrei bei Pizza-Kai

Pappefrei bei Pizza-Kai
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 Fotos: Joachim E. Röttgers 

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Datum:

Nur im äußersten Notfall wird die Pizza im Pappkarton geliefert. Oder die Lasagne in Styropor. Bei Kai Weber-Sieb vom Brückenrestaurant in Karlsruhe, dem Erfinder des Fahrrad-Pizza-Services in Deutschland, kommt das Essen in Glasschüsseln und auf Mehrwegplatten direkt auf den Kundenteller.


Eine der jüngsten Kreationen von Kai Weber-Sieb ist die "Las Veganas": eine Pizza mit Tomatensauce, veganem Käse, Artischocken, getrockneten Biotomaten, Bio-Sonnenblumenkernen und Rucola.


Im Brückenrestaurant gibt es Vegetarisches und Veganes, und am liebsten würde Kai Weber-Sieb nur Biozutaten verwenden. "Aber Bio geht viel schneller kaputt. Und es ist viel teurer", sagt er. "Wenn ich nur die Tomatensoße komplett bio anbieten würde, müsste ich pro Pizza einen Euro mehr verlangen." Auch der Pizzateig aus Dinkelvollkornmehl ist teuer, er kostet viermal so viel wie normaler Teig unterm Belag. Dafür ist er eine echte Spezialität. Die optimale Mischung der Zutaten ist eine richtige Herausforderung. "Schmeckt aber phänomenal!", sagt der Pizzabäcker. 


Natürlich gibt es bei Kais Pizza auch die Klassiker: Pizza Salami, die so lecker duftet, dass man am liebsten gleich hineinbeißen möchte.


Kai Weber-Sieb, 52 Jahre alt und passionierter Radler, wollte immer etwas ökologisch Sinnvolles tun, am besten was mit Fahrrädern. In den Neunzigern landete er als Franchisenehmer für eine Kette in der Pizzabranche. Damals war öko noch alternativ. Als er begann, die Bestellungen mit den Rad auszuliefern, zuckten die Chefs des Unternehmens schon unwillig. Als er begann, auf Einwegverpackungen zu verzichten, standen die Kunden mit ihrem Geschirr Schlange vor seinem Laden. Weil sie aber auch in anderen Filialen mit Tellern und Schüsseln ankamen, feuerte das Unternehmen Kai. Da hat er seinen eigenen Laden aufgemacht. "Pizzaservice ist ein sehr schwieriges Geschäft", sagt er.


Zwölf Fahrer arbeiten im Karlsruher Öko-Fair-Pizza-Unternehmen. Hakan zum Beispiel, knapp über dreißig, schnürt an einem Donnerstagabend die Durlacher Allee entlang. Er kennt mittlerweile jeden Winkel der Stadt. "Hallo, Pizza ist da!", ruft er in die Sprechanlage und stapft in den zweiten Stock.


Die junge Frau hat Dinkelpizza bestellt. Bei Kais, "weil das mit Fahrrad schon ziemlich cool ist", sagt sie und hält einen großen Teller hin, damit Hakan den duftenden Fladen daraufgleiten lassen kann. "Mehrweg ist Handarbeit", sagt Kai Weber-Sieb. Auspacken, umschichten, Geschirr wieder einpacken, spülen, aufräumen. Ein Pizzakarton wird nur befüllt und weggeworfen. Manchmal, sagt Hakan, meckern die Besteller, wenn er so ganz ungewohnt mit seinen Glasschüsseln vor der Tür stehe. "Weil sie ihre eigenen Teller nicht schmutzig machen wollen."


2005, als Hakan angefangen hat, gab es nur wenige Radwege, sie waren schmal und nicht gut in Schuss. Seitdem hat sich viel getan in Karlsruhe, sagt er. Mit dem Fahrrad kommt er problemlos auch dorthin, wo die Durchfahrt für Autos verboten ist. "Außerdem bin ich viel schneller", sagt Hakan. In Stuttgart allerdings möchte er lieber kein Pizzakurier mit Rad sein. Der Verkehr sei grausig, die Radwege gefährlich. Und: "Da ist es viel zu hügelig!", ruft er, lacht laut auf und düst davon.


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