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Eine Million nebenher

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Dass der CSU-Parlamentarier Peter Gauweiler rund eine Million mehr oder weniger so ganz nebenbei eingenommen hat, schmerzt allenfalls die Geringverdiener und mich. Neidhammel, ruft mir in diesem Augenblick meine Omi Glimbzsch aus Zittau zu – ich hätte ja auch Karriere machen können, wenn ich fleißig genug gewesen wäre. <link http: www.abgeordnetenwatch.de _blank>www.Abgeordnetenwatch.de ist da die eine gute Seite unserer Mediengesellschaft, die Karriere macht, und die andere, die ebenfalls furchtbar die Leute ärgert, heißt <link http: www.transparency.de _blank>www.transparency.de. Auf der einen oder anderen Liste taucht früher oder später jeder auf, der Rang und Namen hat in unserer Demokratie. Es sei denn, man macht rechtzeitig gutes Wetter, um einem Getwitter zuvorzukommen. Unsere Landesregierung etwa, die neulich in Berlin zur Stallwächterparty des Landes einlud, ging mit dem 250 000-Euro-Fest absolut souverän um. "100 Prozent Öko" war die Devise. Deshalb reiste die ganze Clique von Stuttgart aus mit dem Flieger nach Berlin – der wäre ja so oder so geflogen. "Ja, Grohmann, du Seckel", wird mich jetzt vielleicht Genosse Friedrich fragen, "hättet mir etwa mit'm Fahrrädle kommen solle? Über Helmstedt?"

Die Party des Landes kostete rund 220 000 Euro. Eingeladen waren alle, die irgendwie irgendwo zur Berliner Hautevolee zählen, darunter natürlich auch der eine oder andere Steuersünder, zwei, drei handzahm gewordene Journalisten, Bankrotteure und Banker, Zuhälter der Rüstungsindustrie, Zocker aus dem Immobilienmilieu, wie Spötter aufzählen dürfen – vor allen aber wohlverdiente und verdienende Zeitgenossen, wie sie unser Land braucht.

Ich sag mal so: Die Schickeria,die Großkopfeten brauchen auch solche Events, bei denen es ein Verbrechen wäre, wie anno dunnemals die Roten am Holzstecken ins Feuer zu halten. Die gepamperte Demokratie trinkt in Maßen – nur der Pöbel würde sich sinnlos besaufen.

In Wahrheit hat das Fest das Land so gut wie gar nichts gekostet, denn es wurde gesponsert. Nehmen wir die Firma Diehl, Kennwort: Schwerter zu Pflugscharen. Diehl hat 5000 gegeben, Daimler das Vierfache, die AOK 10 000. Das sieht dann die Stiftung Entwicklungszusammenarbeit (SEZ) mit ihren 1000 Euro (Sachleistung!) richtig alt aus. Die Stiftung hat wenigstens bei dieser Party "ein wichtiges Zeichen" dafür gesetzt, dass die Bekämpfung von Armut und die Schaffung von Zukunftsperspektiven in den Ländern des Südens nicht nur eine Aufgabe auf internationaler Ebene ist, sondern auch Handeln auf Landesebene erfordert." Schön gesagt.

 

Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die Anstifter.


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4 Kommentare verfügbar

  • Es ist halt doch so, dass
    am 05.08.2014
    Antworten
    jede/r seine/n eigenen Weg in den Himmel finden soll. Nicht muss. Aber darf. Wenn er/sie will / kann. Aber Vielen ist das eh egal. Also was solls. Banalitäten des Alltags. Kürzlich habe ich - wieder einmal - den berühmten Satz in einem Film mit toten amerikanischen Soldaten hören dürfen: ".... aber…
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