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Papa Marx

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Während die Kanzlerin und Peer Steinbrück zu immer mehr Konsum animieren, fordert der Franziskaner in Rio die radikale Abkehr vom Konsum. Wie soll das gehen? Wie macht das vor allem die CDU ihre gläubigen Wählern und deren Sponsoren klar? "Weniger Konsum!?" Doch das ist nicht der einzige Grundwiderspruch des Papstes mit seiner guten Gesellschaft.

Bei vielen Menschen ist der Teller leer, leerer geht nicht. Aber machte denn nicht schon Karl Marx in Trier die Kirche wieder und wieder darauf aufmerksam? Die wollte freilich dem ollen Atheisten nicht glauben – und jetzt haben wir den Salat: Die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer reicher. Selbst der zensierte Armutsbericht der deutschen Bundesregierung kann das nicht mehr lange vertuschen.

Franziskus ist natürlich ein ganz anderes Kaliber als Marx. Besitz, Geld, Macht machten nicht glücklich, rief der Papst de Armen zu. Als Chef einer reichen Kirche weiß er das aus eigener Erfahrung – in seiner Kirche und deren Institut für die religiösen Werke, wie sich die Skandalbank IOR freundlich nennt, arbeiten zurzeit US-amerikanische Geldwäscheexperten, die zu Hause arbeitslos sind und erst nach den Bundestagswahlen nach Deutschland kommen wollen. Sie wühlen sich in Rom durch die Abgründe der schwarzen Kontenführung. Man kann, sagte Franziskus, schnell "an der schlechten Luft im eigenen Zimmer krank werden". Wie wahr! Was nun aber "Besitz, Geld und Macht angehen, die nicht glücklich machten", meinten die Armen in Rio, das glaubten sie einfach nicht. Sie wollen jetzt zunächst mal die Probe aufs Exempel machen. Man wird sehen.

Franziskus gratulierte inzwischen allen, die rebellieren, die laut sind und auf die Straßen gehen – in Rio also dorthin, wo sie eh leben. Die Bischöfe, Kardinäle und Priester aber sollten die Kirchen verlassen und die Armen in den Elendsvierteln besuchen – also sich quasi selbst mal zu Kaffee und Kuchen bei den Leute in den Favelas einladen.

Worte wirken. Überall auf der Welt wird das geistliche Oberhaupt gehört. In China (rot) verbot sich die kommunistische Partei millionenschwere Prachtbauten mit Luxuswohnungen für Funktionäre, der Ex-KP-Chef Bo Xilai steht wegen Korruption vor dem Kadi, viele Kader sind inzwischen unterwegs und suchen ihre verlorenes Gesicht. In Brasilien läuft natürlich ohne Schmiergeld rein gar nichts, auch kein Papstbesuch. Für die Segnung einer Fahne für die Olympiade 2016 musste nichts bezahlt werden. Aber "wer's glaubt, wird selig", tät meine Omi Glimbzsch aus Zittau sagen.

 

Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die Anstifter.


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2 Kommentare verfügbar

  • Peter Grohmann
    am 01.08.2013
    Antworten
    Franziskussianer
    Soviel kabarettistische Freiheit ist erlaubt
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