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Wasser marsch

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Wasser und Strom braucht jeder. Und weil das so ist, wird gezockt. Früher konnten die Kommunen nicht schnell genug verkaufen, heute wollen sie wieder Selbstversorger sein. Wie Stuttgart, das seine Energie und sein Wasser von der EnBW zurückhaben will. Da heißt es tricksen, tarnen, täuschen.

Wasser und Strom braucht jeder. Und weil das so ist, wird gezockt. Früher konnten die Kommunen nicht schnell genug verkaufen, heute wollen sie wieder Selbstversorger sein. Wie Stuttgart, das seine Energie und sein Wasser von der EnBW zurückhaben will. Da heißt es tricksen, tarnen, täuschen.

"Es hängt nichts mit nichts zusammen in dieser Energie-Welt", sagt SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter. Die Welt, zumindest die Welt der Energie, also ein Chaos, die Preise für Trinkwasser scheinbar frei flottierend, die fürs Wassernetz irgendwie auch, nur auf dem Strom und Gas, da sitzt die Bundesnetzagentur. Aber ist ja auch egal, wo preismäßig offenbar eh das meiste frei Schnauze durch die Weltgeschichte geistert.

Die EnBW erhöht den Wasserpreis wegen gestiegener Bezugs- und Personalkosten um 9,3 Prozent, das heißt, der Kubikmeter Wasser kostete bisher 2,34 Euro und wird ab 1. August 2,56 Euro kosten. Bei Strom und Gas kann der Verbraucher wählen, welchen Anbieter er möchte, bei Wasser ist die EnBW allein zuständig. Deshalb strebt die Stadtverwaltung nun auch eine Klage an gegen den Energieversorger wegen einem vermutlichen "Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung", so OB Schuster, und wird prompt vom Bundeskartellamt bestätigt. Der Stuttgarter Wasserpreis sei eh schon hoch, schreibt die und verweist die Sache zur Prüfung an die Landeskartellbehörde, die nun ihrerseits prüft, ob ein Preismissbrauchsverfahren eingeleitet werden soll.

Problem: die untersteht dem Finanzministerium, ist also eine Behörde des Landes und damit des Anteilseigners an der EnBW. Müsste die nicht eigentlich befangen sein, im Zwiespalt zwischen solidem Wirtschaften und dem Wohle des Bürgers? Grundsätzlich wäre es möglich, die Prüfung an das Bundeskartellamt zu übermitteln, sagt die Behörde in Bonn. "Das wäre auch der einzig richtige Weg", findet Stadtrat Kanzleiter.

Die EnBW erhöht den Wasserpreis, um den Verkaufswert der Netze zu steigern, der ja kürzlich von 150 Millionen auf 600 Millionen geschnappt ist, glaubt Manfred Kanzleiter; das sei eine "doppelten Abzocke der Bürger", sagte Hannes Rockenbauch von SÖS/Linke. Und es könnte auch sein, wird gemunkelt, dass die EnBW das Wassernetz deshalb so teuer verkauft, weil bei Gas und Strom eben nix zu holen ist. Das aber wird offiziell gleich wieder ins Reich der Legendenbildung und Verschwörung verdammt, sei verboten. Naja.

Wo doch tatsächlich alles mit allem irgendwie zusammenhängt. 

Außerdem: die EnBW gehört ja zu großen Teilen dem Land. Und das sollte qua Amt doch eigentlich für den Bürger sorgen, ergo für einen moderaten Wasserpreis. Aber als Anteilseigner muss es auch dafür sorgen, dass es dem Unternehmen ordentlich geht, Besitz verpflichtet. Amt auch. Sitzt doch Nils Schmid im Aufsichtsrat der EnBW. Da aber einen Interessenkonflikt hereinzuinterpretieren sei mehr als Verschwörungstheorie, sagt man. Zumindest offiziell.


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