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Cola fett

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Bis zum 12. August können uns die Probleme der Welt gestohlen bleiben – wir sind auf Medaillenjagd, wir gucken, dass wir oben bleiben in London! Gut, es wird Tage geben, in denen wir Deutschen leer ausgehen. Aber man muss auch mal abschalten können und zu einem guten Ökobier, nicht Cola, greifen dürfen, wettert Peter Grohmann.

Bis zum 12. August können uns die Probleme der Welt gestohlen bleiben – wir sind auf Medaillenjagd, wir gucken, dass wir oben bleiben in London! Gut, es wird Tage geben, in denen wir Deutschen leer ausgehen. Es wird Tage geben, wo die Tränen fließen, wo die eingebürgerten Neger, die Schleich- und Plastik-Tommys, den Rahm abschöpfen – da müssen wir durch! Es wird Tage geben, in denen der Gelben das Gold eimerweise einsacken – na und? Leute, da beweisen wir Sportsgeist, egal, wie die ihre Kinder kujonieren zwischen in Beijing oder wie das jetzt heißt, wo sie schon die Dreijährigen auf Leistung trimmen. Es muss auch jene Augenblicke geben im Leben, wo wir verzeihen, dass der andere gewinnt, obwohl wir besser sind. Das steckt uns eben immer noch irgendwie in den Knochen wie Fairness, da muss man auch mal fünfe gerade sein lassen.

Jetzt mal unter uns: man muss doch verrückt werden im Koppe, hätte meine Omi Glimbzsch aus Zittau gesagt, wenn man sich bei jeder passenden Gelegenheit das Elend der Welt reinzieht! Ganz abgesehen davon, dass so viel Elend ja nirgends reinpasst, in keinen Menschen, selbst wenn er eine Humanistin wäre wie die Queen. Endlich einmal sind die hungernden Kinder auf der der Welt kein Thema für uns – und auch nicht diese globale Erwärmung da samt Klimawandel und der Umweltmist. Dass uns nun ausgerechnet McDonald's mit seinem zu 100 Prozent wieder verwertbaren Londoner Olympia-Restaurant an diese eher unangenehmen Sachen erinnert, ist alles andere als fair! Das wäre fast so, wie wenn ich in diesen spannenden Tagen resümieren tät, unter welchen Bedingungen die Klamotten der Athleten in Bangladesch hergestellt werden (ich kann mir lebhaft vorstellen, was dabei rauskommt!) oder dass bei der Produktion der Sportlatschen in Yunnan Kinder acht Stunden täglich arbeiten müssen. Ja und? Sollen die vielleicht den ganzen Tag in die Glotze gucken?

Peter Grohmann.Nein! Man muss auch mal abschalten können und zu einem guten Ökobier greifen dürfen, wenn's Medaillen regnet, statt Coca-Cola in sich reinzukippen wie der Hans und der Rüdiger. Und wenn die Olympiabotschaft des Getränkeriesen noch so nachhaltig-süffisant fordert, dass man sich den Dick-und-Fett-Macher jetzt und sofort literweise einkalt reinziehen soll: Nein! Das meine ich mit "fünfe grade sein lassen" – es ist mir egal, ob das Gold der Goldmedaillen für uns in Cajamarca gefördert wird oder in Guatemala – in den Silber- und Bronzeminen sind die Belastungen für die Umwelt, für Natur und Mensch eher noch größer. Man darf in diesen Zeiten nicht warten, bis der Rotchinese seine Terrakotta-Armeen in Marsch setzt, sondern sollte gucken, gucken, gucken.

 

Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die AnStifter.


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1 Kommentar verfügbar

  • peterwmeisel
    am 07.08.2012
    Antworten
    Peter Grohmann trifft den Nagel auf den Kopf! Für Denker könnte dies schmerzhaft sein, gut so!
    "Die hungernden Kinder; die globale Erwärmung samt Klimawandel und der Umweltmist; McDonald's mit seinem wieder verwertbaren Olympia-Restaurant" verspeisen wir locker mit Mayo und Ketchup? Die Kultur der…
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